Das Tier in der Wahrnehmung des Besitzers

Die Tierbesitzerszene hat sich die letzten Jahre und Jahrzehnte gravierend verändert. Hier müssen wir zunächst einmal zwischen Pferden und kleineren Haustieren differenzieren.

Pferde

Waren es einst die großen Gestüte, Zuchtbetriebe und Reitvereine, die sich der Pferdehaltung verschrieben hatten, so sind es heute sehr sehr viele zum Teil ambitionierte Freizeitreiter/innen, die einen Großteil des ihnen monatlich zur Verfügung stehenden Geldes für ihr Pferd ausgeben, dafür natürlich auch entsprechend Leistung erwarten.

Hier haben wir es oftmals mit schlecht ausgebildeten Reitern, mit unzureichend ausgebildeten Pferden oder mit Pferden zu tun, die den großen Sport schon hinter sich haben oder als Reitschulpferde ausgedient haben.

Es wird versucht, zu kopieren, was man in der Pferdeszene sieht, jeder neue Trend wird ausprobiert, ganz zu schweigen davon, dass man mit der Ohnmacht des eigenen Unvermögens und fehlenden Einfühlungsvermögens auf das Pferd einschlägt, ihm die Sporen in den Bauch bohrt, alle möglichen Gebisse und Hilfszügel einbaut und es zum Weihnachtspaket verschnürt – das kann nicht gutgehen.

Unsere Aufgabe ist es, auch schon Nuancen von Veränderungen zu erkennen, am Körper und in der Psyche. Wir müssen sehen, ob dauerhaft Gamaschen zu fest verschnallt werden, das Maul geschwollen ist, das Pferd kopfscheu ist, den Rücken wegdrückt, harte Muskeln hat und die Hufe sowohl von der Qualität wie von der Stellung nicht in Ordnung sind. Auch Striemen und Sporen-verletzungen dürfen wir nicht übersehen.

Unsere Aufgabe ist es, auch schon Nuancen von Veränderungen zu erkennen, am Körper und in der Psyche. Wir müssen sehen, ob dauerhaft Gamaschen zu fest verschnallt werden, das Maul geschwollen ist, das Pferd kopfscheu ist, den Rücken wegdrückt, harte Muskeln hat und die Hufe sowohl von der Qualität wie von der Stellung nicht in Ordnung sind. Auch Striemen und Sporenverletzungen dürfen wir nicht übersehen.

Ganz zu schweigen von der psychischen Situation – haben wir ein freundliches, aufgeschlossenes und munteres Pferd vor uns oder steht da ein abgestumpftes Wesen mit trübem Blick und traurigen Augen? Ist es überängstlich oder aggressiv? Natürlich gehört zu jedem Ist-Zustand auch eine Vorgeschichte, die nicht immer mit dem aktuellen Besitzer zu tun hat, deswegen sind auch voreilige Schlüsse unangebracht.

Wir Therapeuten können nicht immer davon ausgehen, dass alle Tierbesitzer die gleiche Empathie empfinden können wie wir. Für uns ist so vieles offensichtlich und klar – was das Tier will, was das Tier braucht und was notwendig ist, und die jeweiligen Besitzer haben keine Ahnung davon. Sie wissen nicht, welchen Schatz im wahrsten Sinne des Wortes sie an ihrer Seite haben.

Wir wissen auch nicht, wie viele Tierbesitzer ihre eigenen psychischen Probleme haben, die ja nicht gleich immer offensichtlich sind – sie alle tragen ihre Lasten, ihre Themen und Verletzungen, eventuell psychische Erkrankungen, und lassen ihre jeweiligen Zustände am Pferd aus.

Wenn wir erkennen, dass aus Unwissenheit, Egoismus und reiner Ignoranz ein Tier überfordert und ihm Schmerzen zugefügt werden, müssen wir entsprechend einschreiten.

Wenn Besitzer einen Freifahrtschein von uns haben wollen, um das Pferd weiter zu belasten, obwohl es beispielsweise nach einem Unfall noch gar nicht in der Lage dazu ist, können wir auch durchaus eine Behandlung ablehnen, wenn die entsprechende Einsicht fehlt und den guten Rat geben, sich doch besser ein Geländemotorrad zu kaufen, das sie nach Belieben tun können.

Wo bleibt hier das Bewusstsein für die Pferde, diese hochsensiblen, feinen, kooperativen und sozialen Wesen, die dem Menschen sehr gutmütig zugetan sind.

Oft sind es auch gut gemeinte Aktionen, die schaden. Da werden zum Beispiel lange Wege angelegt zur Wasserstelle, damit sich die Tiere bewegen müssen – nur sie werden sich sehr genau überlegen, wann sie überhaupt zum Wasser gehen und nicht immer dann, wenn sie eigentlich das Bedürfnis danach haben – was für die Bewegung gut wäre, schadet auf Dauer den Nieren. Und da gibt es ganz viele Beispiele, wie ohne über die Konsequenzen nachzudenken, Dinge wohlgemeint falsch gemacht werden. Ein guter Rat ist immer, einem Besitzer die Aufgabe zu stellen, sich einmal in die Lage seines Tieres hineinzuversetzen.

Hunde

Bei den Hunden sieht es nicht viel besser aus. Die eine Besitzerkategorie schafft sich bewusst Rassehunde an, einfach, weil sie ihnen gefallen, ohne Überlegung, zu welchem Zweck diese ursprünglich gezüchtet wurden, und welche Bedürfnisse diese somit haben – da kommt es dann ganz schnell zu Missverständnissen, falschen Erziehungsmaßnahmen, Gewaltanwendung, Unterdrückung, Verletzungen und Verhaltensstörungen.

Die anderen holen sich einen Hund aus dem Auslandstierschutz, weil der auf dem Bild gar so traurig oder treuherzig schaut – genau dieser Hund muss es sein! Dann kommt das Überraschungspaket – der Hund kennt nichts, war nie in einem geschlossenen Haus, keine Treppe, hat sich nur unter Dach lösen können in seinem Zwinger und genau das wird er auch zu Hause tun, kennt keine Kinder, kein Auto, etc. Kurz vor dem Transport werden die Hunde geimpft, entwurmt und entfloht, damit sie clean hier ankommen, aber die ganze chemische Belastung zusätzlich zu den körperlichen Problemen, die sie zum Teil schon haben, weil sie unter Umständen länger auf der Straße gelebt haben, schafft per se schon ein großes Problem.

Dann haben wir Besitzer, die das erste Mal in ihrem Leben einen Hund haben und den Hund einfach noch nicht lesen können. Sie wissen nicht, was das schnelle Atmen bedeutet (dass es ihm zu warm ist), sie erkennen nicht, wenn der Hund nach draußen muss oder es ihm schlecht ist, wann er überfordert ist … Sie meinen es gut und machen ganz viele Fehler – auch sie können sich nicht in ihren Hund hineindenken und hineinfühlen. In größeren Städten begegnen uns immer wieder Hundehalter, die den Hund immer an der Leine haben und immer ganz nah bei sich – sie erlauben keine Sozialkontakte mit Artgenossen, aus Angst, dass etwas passieren könnte …

Wo bleibt das Bewusstsein für den eigenen Hund – es wird so viel falsch gemacht und falsch eingeschätzt, aber er soll gefälligst funktionieren – wo Hunde soziale, dem Menschen gerne folgende, leistungsbereite Kameraden sind.

Auch hier müssen wir unser Augenmerk darauf haben, ob der Hund irgendwelche Verletzungen aufweist, Schwellungen, ob er übermäßig auf eine schnelle Handbewegung reagiert, ob er schnell Kopf und Schwanz einzieht und Angst vor Schlägen hat.

Katzen

Bei Katzen höre ich nicht selten, dass die Katze jetzt ins Tierheim kommt, weil das so nicht weitergeht… Was ist passiert? Katzen lassen sich nicht so leicht unterdrücken und zeigen durch massives Protestverhalten, meist in Form von Pinkelattacken, dass ihnen etwas überhaupt nicht passt – die meisten Besitzer reagieren zunächst mit Strafen, Aussperren, Futterentzug, sonstigen drastischen Maßnahmen, die die ganze Situation natürlich nur verschlimmern.

Eine Katze ist ein freiheitsliebendes, selbstständiges Tier, das oft, wenn es in seiner Freizügigkeit, z.B. als Wohnungskatze, beschränkt wird, Unarten und Krankheiten entwickelt. Gerade auch bei Katzen wird ganz viel gut gemeint falsch gemacht. Da ist unsere Aufgabe herauszufinden, warum das Tier protestiert, welchen Grund es für bestimmte Verhaltensweisen und Krankheiten gibt.

Und wieder die Frage, wo bleibt hier das Bewusstsein für die Katze, für dieses eigenständige, herrschaftliche und sehr soziale Wesen.

Wir können die Liste noch lange fortsetzen, aber der Grundtenor wird durchaus sichtbar. Die Halterwelt hat sich verändert und damit auch die Wahrnehmung, das Verstehen und die Behandlung der Tiere durch die Besitzer. Es ist unsere Aufgabe, regulierend, hinweisend und unterstützend einzugreifen, um dem jeweiligen Tier ein artgerechtes Leben, eine artgerechte Haltung und eine artgerechte Nutzung zu ermöglichen.

Glücklicherweise kommen meist Besitzer zu uns, die bereit sind, etwas zu verändern und dazuzulernen. Geben wir ihnen also die Möglichkeit, bewusst zu werden, bewusster mit ihrem Tier umzugehen, dazuzulernen, unterrichten wir sie, geben wir ihnen die Chance, ihr Tier wahrzunehmen und ein Gefühl für das liebe Wesen an ihrer Seite zu entwickeln.

Anita Ruckriegel
Tierheilpraktikerin
Atropa Akademie

Aus der Verbandszeitschrift des Internationalen Tierheilpraktikerverbandes e.V. „tierisch geheilt“ | Ausgabe V/2020

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